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SchwachSuper 

Professor Stefan May, Leiter der Vermögensverwaltung der quirin bank, hat sich einmal mehr medienwirksam zu Wort gemeldet. Die Botschaft ist - stets etwas anders verpackt - stets die gleiche: Aktiv gemanagte Fonds sind teuer und schlagen ihre Indices nicht. Deshalb ist die auf kostengünstigen ETF´s aufbauende Vermögensverwaltung der quirin bank so attraktiv, denn die Fonds bilden Indices ab und da sie nur wenig kosten, erreichen sie nahezu auch das Ergebnis des jeweiligen Index.

Als "Beweis" werden seitens der quirin bank dieses Mal die Ergebnisse von Deutschland-Aktienfonds herangezogen (Quelle: FONDSprofessionell online). Über die letzten fünf Jahre - so die "Studienergebnisse" der quirin bank - konnte man mit einer Investition in den DAX kumuliert 7,54% mehr Ertrag erzielen als mit in Deutschland investierenden Aktienfonds ... wohlgemerkt im Schnitt. Alleine diese Darstellung ist schon in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert falsch. Wie eigentlich immer in solchen Fällen wurde der Durchschnitt der Ergebnisse der gemanagten Fonds völlig ohne Berücksichtigung des Volumens der einzelnen Fonds ermittelt. Ein Fonds mit einem Volumen von 5 Millionen Euro wiegt bei dieser Betrachtung also genauso schwer wie ein Fonds mit einem Milliardenvolumen. Fakt ist aber - wir haben dies bereits mehrfach anhand konkreter Zahlen belegt - dass die Fonds mit dem geringeren Volumen im Durchschnitt deutlich schlechtere Ergebnisse zu bieten haben als die Fonds mit dem hohen Volumen. Berechnet man also das Durchschnittsergebnis volumengewichtet, so dürfte dieses besser ausfallen als das DAX-Ergebnis. Unterstellt man übrigens, dass aktiv gemanagte Fonds im Schnitt 1,50% Management-Fee berechnen (bei manchen Fonds kommt eine Outperformance-Fee hinzu), so hätten aktive Manager den DAX ja (vor Kosten) bereits geschlagen. Natürlich ist die Vor-Kosten-Betrachtung falsch. Aber das Index-Ergebnis ist ja - wie wir gleich noch eindrucksvoll sehen werden - ebenfalls ein Vor-Kosten-Ergebnis, denn selbst seitens der quirin bank werden die durchschnittlichen Kosten von Indexfonds mit 0,43% angegeben. Auf einer Musterberechnung auf der Website der quirin bank wird aber für aktive Fonds (hier geht es um alle Fonds) eine durchschnittliche Fondskostenquote von 2,00% p.a. und eine Performance-Fee von 15% (nicht etwa 15% mit einer Hurdle Rate) unterstellt. So kann man sich reichrechnen.

Was in obiger Aufstellung der quirin bank unberücksichtigt bleibt ist die Tatsache, dass Kunden für die Betreuung ihrer Vermögen ein "faires und transparentes Honorar" in Höhe von 1,65% p.a. berappen müssen. Freie Finanzanlagevermittler würden sich in der Regel über eine solche Einkommenshöhe freuen. Berücksichtigt man dieses Honorar, so liegt das quirin bank-Ergebnis bei Investition in DAX-ETF´s bereits unter dem Durchschnitt der aktiv gemanagten Deutschland-Aktienfonds, bei denen ja alle Kosten und Gebühren bereits in den Durchschnittsergebnissen berücksichtigt sind.

Auf der Homepage der quirin bank findet sich übrigens eine Rubrik "Ausgerechnet: Finanzprodukte im Kostencheck". Wählt man hier bspw. Mischfonds als Anlageform, so errechnet der Provisionsrechner für eine einmalige Anlagesumme von € 100.000 blitzschnell "versteckte Kosten" in Höhe von € 5.000. Wer das nachvollziehen kann, möge sich doch bitte mal bei uns melden - wir sind da ratlos, denn "versteckte Kosten" in Höhe von 5,26% der Nettoanlagesumme (hier kann ja bei der Einmalanlage und einer Berechnung ohne Laufzeit-Relevanz nur das Agio gemeint sein) können wir nicht nachvollziehen (nicht nur deshalb, weil das Agio ja nicht "versteckt" wird sondern vielmehr in Euro und Cent gegenüber dem Kunden offenzulegen ist). Die kleine Fußnote besagt allerdings - und damit ist die Darstellung wohl rechtlich nicht angreifbar - dass die Werte abweichen können.

An diesem Beispiel (an dieser Stelle freundliche Grüße an unseren Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz Heiko Maas) sieht man übrigens eindrucksvoll, dass Honorarberatung mit Verbraucherschutz absolut überhaupt nichts zu tun hat. Ahnungslosen Anlegern wird mit zweifelhaften Berechnungen ein Vorteil vorgegaukelt, der sich in der Praxis so in der Regel nicht wiederfindet. Unter dem Mantel der "fairen und transparenten Honorarberatung" werden dem Kunden letztendlich mehr Kosten belastet als bei einem freien Finanzanlagevermittler und ob die Kosten nun "Honorar" oder "Provision" heißen, dürfte der Mehrzahl der Kunden ziemlich egal sein. Und wenn der Aktien-ETF mal wieder 50% Minus macht, dann wird es den Anleger auch nicht trösten, dass er dieses Minus ziemlich kostengünstig erreicht hat.

Milchmädchenrechnungen wie diese sollten Journalisten eigentlich dazu ermutigen, mal genauer nachzurechnen. Leider wird von Anbietern gelieferter "Content" aber häufig nur unkritisch übernommen und so schaffte es die Publikation der quirin bank einmal mehr bis in die regionalen Tageszeitungen, die ansonsten eher wenig zum Thema Finanzanlagevermittlung oder Honorarberatung zu sagen haben. Aber wer sollte sich zuständig fühlen, das so sukzessive entstehende Bild des "bösen Provisionsberaters" oder des "wie die Made im Speck lebenden aber keine Leistung erbringenden Fondsmanagers" wieder ins richtige Lot zu rücken?