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Die "Geschichte einer kuriosen kognitiven Dissonanz" rollte Mornungstar im Online-Newsletter vom 13.08.2013 auf. Mischfonds, die als "Allheilmittel gegen turbulente Märkte" angepriesen werden, würden auf breiter Front versagen. Europaweit haben es laut Morningstar nur 2,2% aller flexiblen Mischfonds geschafft, eine Benchmark aus jeweils 50% Barclays Euro Aggregate und 50% FTSE MSCI World zu schlagen.

Großartige Gegenwehr aus den Reihen der Anbieter von vermögensverwaltenden Mischfonds haben wir nicht registriert. Lediglich in der jüngsten Print-Ausgabe von Cash fanden wir einen Hinweis darauf, dass es zumindest rund 150 vermögensverwaltende Fonds gäbe, die sogar über die letzten fünf Jahre im Schnitt mehr als 5% Wertzuwachs pro Jahr abliefern konnten.

Für unsere Begriffe war diese Ohrfeige für die vermögensverwaltenden Fonds auf jeden Fall so nicht gerechtfertigt und wir wollten der Sache auf den Grund gehen. Viel zu undifferenziert erscheint uns die Durchschnittsbetrachtung von Morningstar, die zudem auf einem für alle Fonds gleichen Index abstellt, obwohl sich in den betrachteten Vergleichsgruppen unterschiedlichste Fonds befinden. Von Absolute Return-Ansätzen über Aktienstrategien mit Futuresabsicherung über Multi Asset-Ansätze bis hin zu Fonds, die ihre Erträge aus Managed Futures generieren, ist hier alles vertreten und es wäre interessant, die jeweiligen Fondsmanager zu befragen, inwieweit sie sich mit dem von Morningstar zugeteilten Vergleichsindex überhaupt identifizieren können. Fonds, die mit dem Ziel antreten, bei geringer Schwankung 200 oder 300 Basispunkte über dem Geldmarkt zu rentieren, würden sich mit dem von Morningstar verwendeten Index kaum anfreunden können. Was uns aber vor allem störte war die undifferenzierte Durchschnittsbetrachtung der Ergebnisse, die zu einem Durchschnittsergebnis führt, welches sich zudem auf alle flexiblen Mischfonds europaweit bezieht. Diese undifferenzierte Durchschnittsbetrachtung gewichtet das Ergebnis eines milliardenschweren Megasellers genauso stark wie das Überbleibsel aus der Gründerwelle vor Einführung der Abgeltungssteuer mit einem noch verbliebenen Fondsvolumen von wenigen Millionen Euro. Statistisch erscheint uns das so schlimm wie das häufig bemühte Beispiel, dass der zweifache Millionär und der Hartz 4-Empänger im Schnitt ja nun beide Millionär sind.

Wir können die Ergebnisse von Morningstar nicht nachstellen, weil uns die Daten der Fonds aus anderen europäischen Ländern nicht vorliegen. Aber der deutsche Anleger kann im Normalfall sowieso nur unter den in Deutschland zugelassenen Fonds wählen. Unter keinen Umständen wollen wir versuchen, den verschiedenen Fonds richtige Benchmarks zuzuweisen, denn für den Anleger ist ein besseres oder schlechteres Ergebnis als das eines Index in der Regel sowieso nicht der Maßstab für sein Wohlbefinden. Gerade Morningstar hat in Amerika umfangreich untersucht, mit welchen Fonds den Anlegern durch Mittelzu- und -abflüsse zum falschen Zeitpunkt ein deutlich schlechteres Ergebnis beschert wird als die statistische Wertentwicklung der Fonds bei der rein zeitgewichteten Performanceberechnung. Fonds, die sich konsistenter entwickeln - so die Erkenntnisse von Morningstar - bescheren eine höhere "Success Ratio", was nichts anderes bedeutet, als dass die tatsächlichen (zeit- und kapitalgewichteten) Wertentwicklungen in der Relation für Mischfonds-Anleger deutlich besser ausfallen. Der Index-Mix aus je 50% Anleihen und globalen Aktien hätte mit seinen Schwankungen seit der Jahrtausendwende wohl kaum dafür gesorgt, dass Anleger durchgehend investiert geblieben wären.

Aber - so vermuteten wir - bereits die rein volumengewichtete Betrachtung der Wertentwicklungen würde schon ein differenzierteres Bild bieten. Wir haben uns bei unserer Betrachtung auf vier Morningstar-Vergleichsgruppen beschränkt, nämlich

  • Mischfonds EUR flexibel - Global
  • Mischfonds EUR flexibel
  • Mischfonds EUR ausgewogen - Global und
  • Mischfonds EUR ausgewogen

Zugrundegelegt haben wir lediglich Fonds mit Vertriebszulassung in Deutschland, wobei jedes Fondsvermögen - unabhängig von der Zahl der zur Verfügung stehenden Anteilsklassen - nur einmal in die Wertung kam. Eine Ausnahme machten wir bei Fonds in Fremdwährung, für die es zusätzlich eine gegen Euro gehedgte Anteilsklasse gibt. Institutionelle Anteilsklassen, die regelmäßig bessere Ergebisse abliefern, haben wir grundsätzlich eliminiert. Übrig blieben insgesamt 767 Fonds, die ein Gesamtvolumen von gut 114 Milliarden Euro repräsentieren.

Die ungewichtete Drei-Jahres-Performance dieser 767 Fonds belief sich im Schnitt lediglich auf 1,58% pro Jahr - durchaus kein zufrieden stellendes Ergebnis. Doch schon die nach Fondsvolumen gewichtete Drei-Jahres-Performance ergibt mit durchschnittlich 3,69% pro Jahr ein deutlich besseres Bild. Allerdings sind auch solche Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen, denn der Einfluss eines "Carmignac Patrimoine", der jüngst von seinem Recht Gebrauch machte, auch mal underperformen zu dürfen, schlägt bei den hier betrachteten Fonds alleine mit 25% des gesamten Volumens zu Buche, so dass er mit - je nach Betrachtungszeitpunkt - besseren oder schlechteren Ergebnissen den Durchschnitt nachhaltig beeinflusst. Doch trotz seines derzeitigen Drei-Jahres-Ergebnisses von durchschnittlich nur 1,9% pro Jahr ergibt sich folgendes Bild: Die gut 380 Fonds mit dem höchsten Volumen haben im Schnitt mit 3,06% performt, während es die anderen 50% (also die Fonds mit dem geringeren Volumen) durchschnittlich nur auf 0,13% p.a. brachten. Beschränkt man sich auf die 10 volumenstärksten Fonds, die sage und schreibe 50,6% des Gesamtvolumens ausmachen, so hat gut die Hälfte des Anleger in den vergangenen drei Jahren einen Wertzuwachs von durchschnittlich 4,51% pro Jahr erzielt und damit das Ziel, nach Steuern und Inflation das Kapital mindestens zu erhalten, allemal erreicht.

Anders die 334 Fonds mit einem Volumen von weniger als 20 Millionen Euro, die im Schnitt der drei letzten Jahre jährlich 0,20% Verlust hinnehmen mussten. Daraus aber die Schlussfolgerung zu ziehen, dass man in kleine Fonds nicht investieren sollte, wäre auch nicht richtig. Immerhin ist jeder zweite der 10 bestperformenden Fonds kleiner als 20 Millionen Euro. Manchen unter den kleineren Fonds sehen wir deshalb aktuell auch nur "auf der Durchreise", denn schließlich haben alle - auch die aktuellen Megaseller - ja irgendwann mal klein angefangen.

Bleibt die Frage, ob es irgendwelche verwertbaren Muster gibt, die Hilfestellung bei der Zusammenstellung eines Depots geben könnten. Hier müssen wir leider pasen, denn alles, was wir bei dieser Betrachtung ermitteln können, sind nun mal statistische Daten, die sich aus der Zusammenfassung von guten, mittelmäßigen und schlechten Ergebnissen ergeben und die nichts über einzelne Fonds aussagen. Um ein Depot zu strukturieren bedarf es zudem einer Reihe von Fonds aus anderen Vergleichsgruppen, da bei Konzentration auf Fonds einiger weniger Vergleichsgruppen wie der vier oben genannten die Gefahr des relativen Gleichlaufs der Fonds besteht. Bei einem gut strukturierten Depot sollte man nämlich nach Möglichkeit darauf achten, dass sich Gewinn- und Verlustphasen der eingesetzten Fonds wechselweise überlappen, um eine konsistente Depotwertentwicklung zu begünstigen. Wenn nämlich alle Fonds ihren Tiefstpunkt zum gleichen Zeitpunkt erreichen, dann nutzt es oft wenig, wenn sie sich danach alle wieder zu neuen Höchstständen aufschwingen, weil der Anleger inzwischen ausgestiegen ist. Eine gute Hilfestellung für die Auswahl von Fonds mit zeitlich versetzen Gewinn- und Verlustphasen bieten übrigens die MPA-Histogramme. Lesen Sie mehr dazu in unserem Fondsnewsletter "VV-Basis", für den wir Ihnen in Kürze ein Schnupper-Abonnement anbieten werden (AECON-Kooperationspartner erhalten diesen Newsletter - und viele darüber hinausgehende Informationen - selbstverständlich kostenfrei).